Liebe Blogleser
Nachdem wir Euch nun lange genug mit dem
nächsten Reisebericht auf die Folter gespannt haben und man im Web schon
"Vermisstenanzeigen" für uns schaltet ;-), wollen wir Euch nicht
länger warten lassen…
Aber zu unserer Rechtfertigung: Es lag nicht an unserer
Motivation, die letzten 4 Wochen haben wir uns einfach abseits touristischer
Pfade in Malawi und im Westen Tanzanias bewegt, so dass eine ausreichende Internetverbindung
eher schwierig war.
Der Grenzübertritt von Sambia nach Malawi klappt
reibungslos. Zu unserem Erstaunen müssen wir fast nichts bezahlen, weder Road
Fees, noch Steuern, nur nach langer Diskussion eine Versicherung für's Auto bei
einer nationalen Versicherungsgesellschaft. Malawi ist auf den ersten Blick
sehr ursprünglich, hat aber gewisse Ähnlichkeit mit Sambia und Zimbabwe, nur
noch mehr Fahrräder, die Landschaft ist deutlich hügeliger und dabei mehr
bewirtschaftet.
Transportmittel für
alles, hier Säcke voller Holzkohle
Nach 150 Kilometern erreichen wir die
Hauptstadt Lilongwe. Wie viele afrikanische Hauptstädte ist sie geprägt vom
Gegensatz zwischen modernen Häusern, den traditionellen Märkten mit ihren
Wellblechhütten und dem spartanischen Leben der Bevölkerung. Wir bleiben nur
eine Nacht in einem gemütlichen Backpacker, bevor wir den Weg zu unseren geplanten
Beach-Ferien antreten. Cape MacLear, ein idyllisches Fleckchen im Süden des Malawisees,
steht auf dem Programm. Relaxtes Camping mit Blick auf den See, Schnorcheln,
eine nette Bar direkt am Strand, was will man mehr. Ferien vom Reisen sozusagen.
Die Ortschaft haben wir als nächsten gemeinsamen Treffpunkt mit Hannes und
Patrick, unserem zweiten Kalahari-Team, ausgewählt. Sie werden nach ihrer Zimbabwe
– Tour zu uns stossen. Zu unserem Erstaunen gibt es in Cape MacLear, obwohl
einer der bekannteren Touristenorte am See, kaum Möglichkeiten, Lebensmittel zu
bekommen und wir haben es leider unterlassen, uns in Lilongwe so richtig gut einzudecken
und die geschwundenen Vorräte aufzustocken. Mit Ausnahme von Gemüse und Obst,
das die Einheimischen überall am Strassenrand verkaufen, besteht unsere erste
Aufgabe darin, in den verschiedenen kleinen "General Dealer"- und
"Shoppingcenter"-Wellblechhütten zumindest Milch, Butter, Brot, Eier
und Reis zu erstehen. Es folgen zähe Verhandlungen mit Händen und Füssen und
ein paar Scherzen, weil längst nicht alle englisch sprechen und weisse
Touristen gerne mal einen höheren Preis zahlen... Wir haben uns aber vorher im
Camp über die einzelnen Lebensmittelpreise informiert und da Verhandeln zur
Mentalität der Afrikaner gehört, sind sie selbst noch zufrieden, als wir
letztendlich nur den "Einheimischen-Preis" bezahlen.
Shoppingmeile Cape
MacLear…
Interessiertes
Publikum
Auch die lokale Bevölkerung im angrenzenden
Dorf hat Gefallen an uns gefunden und so sind wir, natürlich gegen ein kleines
Entgelt, zum Barbeque bei den Fischern am Strand eingeladen. Es gibt gegrillten
Fisch und Hühnchen, dazu Reis und eine spezielle Sosse. Die Leute geben sich
wirklich richtig Mühe, uns zu beeindrucken. Ziemlich schnell sitzt das halbe
Dorf um uns herum und schaut uns beim Essen zu. Als wir sie einladen, doch mit
uns zu essen, weil wir die Mengen die sie auftischen niemals alleine verschlingen
können, dauert es nur Sekundenbruchteile, bis der Grill bis auf den letzten
Krümel abgeräumt ist. Fast wie die Heuschrecken;-)
Afrikanisches
Dinner am Strand
Nach zwei Tagen treffen auch Hannes und Patrick
wie geplant ein. Tagsdrauf mieten wir zwei Kanus und paddeln bei schönstem
Sonnenschein zu einer der vorgelagerten Inseln zum Schnorcheln. Hunderte
kleiner endemische Fische schwirren dort zwischen den Steinen herum und
angesichts des klaren Wassers können es sich die Herren aus den Bergen nicht verkneifen,
ihre Anwesenheit auch unter Wasser zu dokumentieren.
Rarität;
Steinmännchen unter der Wasseroberfläche
Wie wärs mit einem
Lächeln?
Insgesamt spannen wir eine ganze Woche in Cape
MacLear aus, bevor wir in das Fischerörtchen Chinteche und anschliessend nach
Nkhata Bay weiterfahren, wo der Strand und der Campingplatz fast so schön sind
wie am südlichen Teil des Sees. Auch hier besteht unsere einzige wirkliche
Beschäftigung im täglichen Kochen, ansonsten vertreiben wir uns die Zeit mit
Schwimmen und Lesen. Zwischendurch lernen wir Bao, ein Brettspiel, das die Einheimischen
überall spielen und bei dem es ähnlich wie bei Abalone um Spieltaktik und
Rechnen geht. Da wir neben Domino und "Knubbel" unsere Spielpalette
gerne erweitern, haben wir nun unser eigenes "Mani goes to
africa"-Bao-Spiel aus Holz. Und als hätten wir's nicht gewusst: Frauen
sind die besseren Taktiker ;-). Trotz Fabios mathematischen Fähigkeiten lässt
Fabio Anne fast immer gewinnen… ;-)
Gewitterstimmung am
Lake Malawi (Regenzeit)
Kochprofis bei der
Arbeit
Insgesamt hat uns Malawi sehr gut gefallen,
auch wenn das Land neben dem See nach unserem Empfinden nicht allzuviel
Abwechslung bietet. Im Norden des Landes gibt es noch auf einem Hochplateau einen
sehr schönen Nationalpark, den wir allerdings auslassen, weil es die letzten
Tage, die wir in Malawi verbringen, nur noch im Strömen regnet und wir uns
nicht sicher sind, wie die Strassenverhältnisse aussehen. Dazu kommt Manis und
Ninas (Auto von Hannes und Patrick) durstiges Wesen, das angesichts des
Dieselproblems in Malawi (kein Diesel im ganzen Land) nicht gerade für einen
Umweg von rund 250 Kilometern spricht. Aufgrund dieses Umstandes erstaunt es
uns um so mehr, wie viele Autos zumindest im Umkreis der grösseren Ortschaften auf
den Strassen unterwegs sind. Der Schwarzmarktpreis ist derart hoch, dass wir
uns nur ungern in zusätzliche Unkosten stürzen wollen. So sind wir nicht allzu
böse, als wir nach 2 Wochen das Land Richtung Tanzania verlassen.
Tanzania ist das erste richtige ostafrikanische
Land, in dem auch islamische Einflüsse deutlich sichtbar sind. Die lokalen
Lieblingsgetränke, Soda in jeglicher Form, werden durch tausende Pepsi- und
Coca Cola –Dächer unmissverständlich jedem Besucher präsentiert. Die Menschen
sind ebenso aufgeschlossen und freundlich wie in Malawi und Sambia und es
dauert nicht lange, da haben wir bereits das erste Wort Suaheli gelernt:
"Masungu" – weisser Mann, das uns vor allem die Kinder
hinterherrufen, wenn sie uns sehen. Gerade in den entlegeneren Regionen im
Westen Tanzanias kommen Touristen eher selten vorbei und so begegnen uns manche
anfangs sehr zurückhaltend, weil sie sich offensichtlich nicht sicher sind, ob
wir Freund oder Feind sind. Aber nach dem ersten Lächeln, dem ersten Winken
oder dem ersten Händeschütteln breitet sich immer ein derart strahlenden Lachen
auf den Gesichtern der Einheimischen aus, dass man das Gefühl hat, sie
überschlagen sich fast vor Herzlichkeit.
Farbenfrohes
Tanzania u.a. dank Pepsi- und Coca Cola-Dächern …
Aufbruchstimmung in
Tanzania
Unseren ersten Stop machen wir in Mbeya, der
grössten Stadt nach der Grenze Malawis, um uns dort mit allem Nötigen zu versorgen
und dann weiter nordwärts in Richtung Rwanda und Uganda zu fahren, wo wir die
Berggorillas sehen wollen, während Hannes und Patrick nach Zansibar zum Tauchen
aufbrechen. Jungs, es war wirklich wieder eine Superzeit mit Euch und wir haben
uns schon richtig an die Viererkombo gewöhnt…:-). Auf ein freudiges Wiedersehen
in Kenia!
Je östlicher und nördlicher man in Afrika
kommt, desto seltener werden die gut ausgebauten Campingplätze und desto öfter
ist man darauf angewiesen, bei Missionen zu übernachten. Obwohl es in Mbeya
sehr schöne Guest Houses und Hotels gibt, unterlassen wir den Versuch dort nach
Campingmöglichkeiten zu fragen, sondern übernachten zur Einstimmung bei der
christlichen Mission der Stadt, welche Camping in sehr einfachem Rahmen
anbietet. Zu unserem Bedauern gehört dazu auch das Fehlen von (Sitz-)Toiletten,
ab jetzt gibt es regelmässig nur noch Löcher im Boden… wir hoffen inständig,
dass dies wie so manches auch nur eine Frage der Gewöhnung ist:-). Zu Abend
essen wir in einem einfachen Take-Away am Strassenrand in der Nähe der Mission.
Der Inhaber staunt nicht schlecht, als wir uns an einen der Tische setzen und
ist sichtlich stolz, uns als seine Gäste präsentieren zu können. Es gibt Pommes
Frites, diese werden nach lokaler Tradition zuerst frittiert, dann mit Zwiebeln,
Pepperoni und Ei in der Pfanne zu einem Omlette gebraten und mit gut gewürzten
Tomaten garniert. Mal ganz anders, aber richtig lecker! (Geschäftsidee für die
Schweiz/Deutschland?)
Für die nächsten Tage nehmen wir uns eine
happige Strecke von 850 Fahrkilometern vor. Diese soll uns zum Katavi
Nationalpark und nach Kigoma, einem kleinen Städtchen im Norden des Tanganyika-Sees,
führen, von wo aus man mit dem Boot einen Ausflug zum Chombe Stream Nationalpark
unternehmen und so auf den Spuren von Jane Goodall Schimpansen beobachten kann.
Wir haben die Strecke in mehreren Abschnitten geplant, müssen aber nach den
ersten 80 Kilometern Teerstrasse feststellen, dass die Strecke über die
Schotterpiste Richtung Norden alles andere als gut ist. Kurz bevor wir auf die
Gravel-Road abbiegen, werden wir auch noch von der Polizei in einer Ortschaft
gestoppt. Unsere kleine "Raserin" Anne ist zu schnell gefahren…Das
30-Schild machte an dieser Stelle aber auch wirklich keinen Sinn und der vor
uns fahrende Einheimische war deutlich schneller. Ungläubig darf Anne die
"45 km/h" auf der Laserpistole betrachten, nachdem sie insistiert,
sie sei nicht zu schnell gewesen, höchsten 5 km/h und die Polizei müsse den
vorausfahrenden Wagen erwischt haben. Der freundliche Beamte erklärt ihr, dass
sie nun 60'000 Schilling (40 USD), zahlen soll, weil sie zwei Verkehrsvergehen
begangen habe: Verstoss gegen das Tempo-Limit und Nichteinhaltung von
Verkehrsvorschriften. Hä??? Auch die erklärenden Versuche, das sei doch
dasselbe und man könne sie nicht zweimal für das gleiche Vergehen büssen,
bringen nichts – zahlen oder die Beamten zur Wache begleiten. Erst als Anne
eine Charmeoffensive startet und erklärt, so viel Geld hätte sie gar nicht in
bar dabei und müsste zu einer Bank (die es in dem kleinen Örtchen
glücklicherweise nicht gibt) und wir seien doch gerade erst in ihrem schönen
Land angekommen, erklärt sich der Vorgesetzte bereit, ihr entgegenzukommen und
nur 20'000 Schilling zu verlangen. Natürlich ohne Busszettel bzw. Quittung…
Auch wenn wir es nicht gutheissen, in Afrika
funktioniert es bei vielen Offiziellen auf die gleiche Weise und wie wir später
von anderen Reisenden und sogar Einheimischen erfahren, ist dieser
Polizeiposten als einer der korruptesten im Land bekannt. Touristen werden regelmässig
gestoppt und ihnen die Geschwindigkeitsmessungen vorausfahrender, viel schnellerer
Einheimischer präsentiert. Anyway, eigentlich war dies ja in irgendeiner Form
so zu erwarten ;-).
Weiter geht’s Richtung Sumbawanga über eine
Gravel-Road, die ihren Namen wirklich nicht verdient. Obwohl es sich um eine
tanzanianische Hauptstrasse handelt, kann schon der Name "Dusty-Road"
als entgegenkommend bezeichnet werden. Die Strasse gehört zwar nicht in die
Kategorie "anspruchsvollste Strassen" aber vermutlich sind es die
zeitraubendsten und wohl anstrengensten Fahrkilometer unserer ganzen bisherigen
Strecke. Sehr lehmiger Boden nach viel Regen, der das ganze Profil verklebt,
Schlaglöcher ohne Ende, extrem viele und hohe Speed-Bumps auf einer Strasse,
die sowieso mit max. 20-30 km/h befahren werden kann (wofür bitte das?) und
dank unzähliger LKW's, die auch bei Matsch über die Strasse brettern, derart
tiefe Furchen, dass wir des Öfteren mit unserem Differenzial an einem Stein
anschlagen.
Da wir es am Morgen gemütlich genommen haben,
sind wir nicht mehr sicher, vor Einbruch der Dunkelheit in Sumbawanga
anzukommen und so entschliessen wir uns in fast schon alter Tradition, mal
wieder in einem kleinen Dorf zu halten und bei Einheimischen zu übernachten.
Wir stoppen an einer Schule, weil wir noch aus Zimbabwe wissen, dass die Lehrer
in der Regel in der Nähe der Schule wohnen und die Wahrscheinlichkeit, dass
einer von ihnen englisch spricht, relativ hoch ist. Englisch ist in den
ländlichen Gebieten Tanzanias alles andere als selbstverständlich, deshalb müssen
wir uns vielerorts mit Händen und Füssen durchschlagen. An der Schule treffen wir
Freddy an, einen Einheimischen aus Dar Es Salaam, der in dem kleinen Dorf zu
Besuch ist und der wie bestellt und nicht abgeholt auf dem grossen Stein sitzt,
der auf die Schule hinweist. Er spricht erfreulich gut englisch und seine
Schwester ist die Frau des Schuldirektors. Das passt doch perfekt!
Nach einem kurzen Schreck über den ungewohnten
Besuch sind sie hoch erfreut und unheimlich stolz, dass wir mit unserem Auto
vor ihrem Haus campieren wollen. Also manövrieren wir Mani über einen tiefen
Graben von der Strasse zum Haus, in dem sie als "Brücke" notdürftig
zwei schmale Streifen mit Steinen und Lehm ausgelegt haben. Nach dem Regen der
letzten Tage ist die Konstruktion so weich, dass sie unter Manis Gewicht
nachgibt. Was vorher schon fast abzusehen war, tritt ein: wir hängen mit den
Hinterreifen im Graben fest, kein Vor und kein Zurück mehr. Na super, nun
heisst es buddeln!
Es dauert keine 30 Sekunden, da haben wir etwa
50 Schaulustige um unser Auto. Es dauert wiederum auch keine weiteren 30
Sekunden, da stehen bestimmt 20 Männer des Dorfes mit Schaufeln und Spitzhacken
neben Mani und machen sich ans Werk. Wir dürfen nicht helfen, fotografisch
konnten wir diese schnelle und liebenswürdige Aktion leider auch nicht dokumentieren.
Sie wollen Fabio partout keine Schaufel überlassen, als sie den halben Grabenrand
wegschaufeln und Steine heranschleppen, um uns nach Zurücksetzen des Autos eine
neue "Brücke" zu bauen. Freddy übersetzt derweil für uns und erklärt
uns, dass es für das Dorf eine Ehre sei, dass Weisse es besuchen.
Nachdem wir das Auto sicher vor dem Haus des
Schulleiters geparkt haben und die neugierigen Blicke der Kinder und einiger
anderer Besucher befriedigt sind, lädt uns der Schulleiter ein, mit ihm und
seiner Familie zu Abend zu essen. Wir lehnen natürlich nicht ab und sponsoren
dazu unsere 2 Literflasche Sprite. Es gibt Ugali (der Maisbrai, den wir schon
als Pap aus Südafrika kennen) mit Hühnchen und scharfem Blattspinat. Ein
unterhaltsamer Abend steht uns bevor, wir müssen von unserer Reise erzählen,
von Europa, während Cleophas, der Lehrer, seine Frau und Freddy Geschichten von
ihrem Dorf und Tanzania erzählen. Es dauert nicht lange, da klopft der erste
Besuch an der Tür und nach und nach sitzen immer mehr Bekannte und Verwandte in
dem kleinen Raum, um uns zu bestaunen. Immer wieder hören wir, wie glücklich
und stolz sie sind, dass wir sie besuchen und Cleophas macht die Geschichte
dann auch gleich noch etwas passender: Wir seien Freunde aus Europa, die extra
den schwierigen Umweg über das kleine Dorf auf sich genommen hätten, um ihn zu
besuchen. Wir schmunzeln nur, sagen aber natürlich nichts :-). Hinterher
erklärt er uns, dass sie in ihrem Dorf der festen Überzeugung seien, dass
Gastfreundlichkeit gegenüber Besuchern, noch dazu wenn sie so ungewöhnlich sind
wie wir, Gottes Wohlgefallen fördert und schon ein kurzer Besuch ihres Hauses
ihnen besonderes Ansehen vor Gott gebe. So müssen wir versprechen, am nächsten
Tag einen Rundgang durchs Dorf zu machen, um einigen Freunden und Verwandten
von Cleophas "Hallo" zu sagen. Es sei für den Frieden im Dorf besser,
wenn man die seltene Ehre teile. Nun denn… da am nächsten Tag Ostersonntag ist,
versuchen sie uns mit aller Macht zu überreden, doch mit ihnen Ostern zu feiern
und noch etwas länger zu bleiben. So liebenswürdig uns bisher alle
Einheimischen begegnet sind, manchmal können sie ganz schön vereinnahmend sein.
Nur mit Mühe und Not können wir uns herausreden, wir hätten in Rwanda das
Gorillatrekking reserviert und seien dort mit Freunden verabredet. Die Strasse
sei schlechter als geplant und so müssten wir ohnehin schon mit einer längeren
Fahrzeit rechnen. Wir einigen uns, dass wir bis zum Mittagessen bleiben, sollen
dann aber unbedingt in ihrem kleinen Haus auf einem der schmalen Sofas
schlafen. Mit etwas weiterer Überredungskunst und dem Lächeln von Anne können
wir das ablehnen, indem wir erklären, Mani sei unser "moving home"
und sie nach einer Weile einsehen, dass wir in unserem eigenen Haus übernachten
wollen. Sie lassen sich aber nicht davon abbringen, für uns nach der langen
Fahrt zumindest noch ein heisses Bad vorzubereiten, wobei "Bad" etwas
übertrieben ist. Es gibt auf dem Feuer erwärmtes Wasser in einer Schüssel, dazu
einen Waschlappen und Seife. Wenn man sich auf den Boden kniet und den Kopf
über die Schüssel hängt, reicht es auch für's Haarewaschen und so sind sie
sichtlich begeistert, als Anne mit nassen Haaren und frisch gestriegelt aus der
kleinen Lehmhütte kommt :-).
Ihr Haus ist nur
unwesentlich grösser
Nach einem langen Abend fallen wir dann todmüde
ins Bett. Es ist unheimlich anstrengend, sich den ganzen Abend zu unterhalten,
wenn das Gegenüber eher "Suahenglish", also eine Mischung zwischen
Englisch und Suaheli statt Englisch, mit einem derart starken Akzent spricht,
dass man teilweise nur erraten kann, was sie wohl meinen.
Als wir am nächsten Morgen die Autotür öffnen,
schauen uns schon ein Dutzend Kinderaugen neugierig an, sind aber zufrieden,
als sie uns und das Auto für ein paar Minuten betrachten dürfen. Cleophas zeigt
uns die Schule und erzählt über den Unterricht, die schlechte
Ausstattungssituation ihrer Schule und den Alltag der Lehrer. Zwei der sechs
Klassenräume, die wir besichtigen und in denen 700 Schüler unterrichtet werden,
haben weder Tische noch Bänke, die Kinder sitzen auf dem nackten Lehmboden. Die
Lehrer unterrichten bis zu 100 Kinder in einer Klasse, weil das Personal fehlt
und Schulmaterialien sind auch mehr als dürftig. Da lassen wir es uns natürlich
nicht nehmen, Kreide, die wir in Südafrika gekauft haben und eine kleine Spende
für einen neuen Fussball für den Spotunterricht da zu lassen. Trotz der wenigen
Möglichkeiten, die die Einheimischen haben, ist es erstaunlich, wie positiv sie
eingestellt sind. Sie versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen und
soweit wir das beurteilen können, haben zumindest Cleophas und seine
Lehrerkollegen das in beeindruckender Weise geschafft.
Klassenraum für bis
zu 100 Schüler
Schulhaus für rund
700 Kinder
Danach steht uns der versprochene, sieben
Stunden (!) dauernde Rundgang im Dorf bevor. Zunächst schlendern wir mit
Cleophas und einigen seiner Kollegen durchs Dorf auf einen angrenzenden Hügel,
gefolgt von unzähligen neugierigen Kindern und Erwachsenen, um von dort den
herrlichen Ausblick auf das Dorf und das Tal zu geniessen.
Stolzer Freddy
präsentiert "Masungu" Anne als Dorfattraktion
Danach geht es zu bestimmt 15 Hausbesuchen (wir
haben irgendwann nicht mehr gezählt), die immer gleich ablaufen: ein kurzer
verdutzter Blick, als wir mit Cleophas und ein paar anderen vor der Tür stehen,
dann ein freundliches "Karibu" und viel Gelächter, Händeschütteln und
danach Hinsetzen, eine Cola oder Fanta trinken und mit Hilfe von Cleophas
erzählen, der für uns übersetzt. Spätestens nach der achten Flasche Cola geht
es Anne aufgrund der vielen Kohlensäure bereits so schlecht, dass sie nur noch
mit Mühe ihren stets lächelnden, interessierten Gesichtsausdruck aufrecht
erhalten kann, aber ablehnen dürfen wir natürlich auch nicht. Nach dem achten
Hausbesuch können wir sie wenigstens davon überzeugen, dass es genügt, wenn wir
uns eine Cola teilen, aber das anschliessende Mittagessen gibt uns dann
endgültig den Rest. Es gibt Reis mit Schweinefleisch und wiederum Blattspinat.
Schon die erste Portion, die auf den Teller geladen wird, ist riesig und selbst
als wir aufgegessen haben und dankend ablehnen, wir seien mehr als satt, wird
in einem unbeobachteten Moment der Teller wieder vollgeladen. Unsere Kontakte
mit den Einheimischen sind echt erarbeitet :-).
Um 16.30 Uhr schaffen wir es dann endlich, uns
auf die letzten Kilometer nach Sumbawanga zu machen. Die Verabschiedung ist
ebenso herzlich wie die Begrüssung und dauert nochmals eine halbe Stunde. Immer
wieder Händeschütteln, nochmal kurz erzählen und als Anne dann auch noch
erklärt, dass man sich in Deutschland mit besonders guten Freunden zur
Verabschiedung umarmt, ein herzlichen Drücken allerseits. Cleophas' Frau, die
anfangs relativ schüchtern ist, weil sie kaum englisch spricht, hat an der
Geste eine derartige Freude, dass sie Anne zum Abschied gleich dreimal umarmt.
So können auch wir ihnen noch ein wenig von unseren Bräuchen hinterlassen :-).
Abschied nehmen
fällt ihnen schwer :-)
Cleophas nimmt schließlich auf dem Beifahrersitz
Platz, weil auch er nach Sumbawanga muss und wir uns so zumindest ein klein
wenig für die Gastfreundschaft revanchieren können. In Sumbawanga zahlen wir
ihm natürlich auch noch die Übernachtung, auch wenn wir ihn dazu erst überreden
müssen und er es ablehnt, mit uns in einem der teureren Hotels zu übernachten,
bei dem wir auf dem Parkplatz campen dürfen. Letztlich sind wir darüber aber
nicht allzu böse, nachdem Anne mit extremen Magenschmerzen (zuviel Cola
getrunken, zuviel gegessen) mehr oder weniger nur noch auf allen Vieren ins
Bett kriechen kann.
Wir beschliessen am nächsten Tag, einen Tag
länger in Sumbawanga zu bleiben, um uns etwas zu erholen und weil wir von
anderen Reisenden gehört haben, dass die kommenden Fahrkilometer zum Katavi
Nationalpark und nach Norden nicht weniger anstrengend werden. So können wir
die Zeit nutzen, um mit Hilfe des belgischen Eigentümers des Hotels einen
Mechaniker zu suchen, der uns einen tropfenden Dichtungsring zwischen Kardanwelle
und Getriebe (das hatten wir doch schon mal?) und die angesichts der schlechten
Strasse auf den letzten Kilometern völlig ausgeschlagenen Gummis des vorderen
Stabilisators ersetzen kann. Wir staunen nicht schlecht, als nach kurzer Zeit
ein Einheimischer mit diversen Plastiktüten, in denen er sein Werkzeug verstaut
hat, vor unserem Wagen steht und direkt auf dem staubigen Hotelparkplatz den
Dichtungsring und die Gummis auswechseln will. Und danach haben wir dann
sprichwörtlich Sand im Getriebe, oder wie?
Besonders Anne ist äusserst skeptisch, als er
sich auf mehreren grossen Planen liegend, die er fein säuberlich unter dem Auto
ausbreitet, ans Werk macht. Nachdem alles abgeschraubt ist, natürlich unter den
kritischen Blicken unserer Chefmechanikerin (sie hat ihm dann doch mal lieber
verschiedene Schüsselchen hingestellt, damit wir nachher die diversen Schrauben
von Bodenplatte, Kardanwelle, Getriebe, Stabilisator usw. überhaupt noch
auseinanderhalten können und die Ausrichtung der Kardanwelle angezeichnet),
vergehen geschlagene 2 ½ Stunden, bis er mit den Ersatzteilen wiederkommt. Er
hat (vermeintlich) Toyota Originalteile besorgt und wenn wir dem Besitzer des
Hotels glauben dürfen, ist er in dieser Hinsicht und auch sonst sehr
zuverlässig. Insgesamt dauert es sieben Stunden, bis alle Teile ersetzt und
wieder angeschraubt sind und hätten wir selbst nicht so viel Werkzeug, das wir
ihm leihen können, würden wir wahrscheinlich noch heute in Sumbawanga auf dem
Parkplatz stehen. Er arbeitet jedoch sehr sorgfältig und nach den weiteren 600
Kilometern schlechtester Strecke bis nach Kigoma können wir sagen, dass er es
wirklich gut gemacht hat. Die Gummis vom Stabilisator sitzen bombenfest und das
Getriebe leckt auch nicht mehr. Sollte sich also jemals jemand in den Westen
Tanzanias in die Kleinstadt Sumbawanga verirren und Probleme mit dem Auto haben,
können wir "Mr. Kaunda", den man über den Besitzer des Forrest Way
Country Clubs erreicht, mit gutem Gewissen empfehlen.
Die nächsten beiden Tage legen wir, wie oben
angesprochen, die restlichen rund 600 Kilometer bis nach Kigoma zurück, über ausgewaschene
Buckelpisten, durch Schlamm und auf einer Strasse so schmal und wenig befahren,
dass wir manchmal Zweifel haben, ob wir wirklich auf einer der Hauptrouten
Tanzanias nach Norden unterwegs sind. Den Katavi Nationalpark durchfahren wir
nur auf der gebührenfreien Hauptstrecke und entscheiden uns gegen einen eigentlichen
Parkbesuch, da es in der Nacht zuvor wieder heftig geregnet hat und wir vor dem
Parkeingang von etlichen Tse-Tse-Fliegen begrüsst werden. Als wir beim Durchqueren
auf der Hauptstrasse anhalten, um einem liegengebliebenen Einheimischen, der
uns nach Wasser fragt, die Wasserflasche aufzufüllen, dauert es keine 5
Sekunden und wir haben fast ein Dutzend der aggressiven Biester durch die
offenen Fenster in unserem Auto. Anne wird zweimal gestochen, bevor wir alle
verscheuchen bzw. erschlagen können und so legen wir die restlichen 50
Kilometer durch den Park trotz äusserst schwülen 30 Grad nur noch mit
geschlossenen Fenstern zurück. Jedesmal, wenn wir abbremsen, um Mani über eines
der Schlaglöcher zu buchsieren, kleben die Viecher zu Hauf an unseren
Fensterscheiben. Fotosafari wäre also nur eingeschränkt möglich und so düsen
wir nach einer kurzen Übernachtung ausserhalb des Parks bis zum Jakobson Beach
am Tanganyika-See weiter. Für die 320 Kilometer vom Nationalpark bis zum Beach
brauchen wir geschlagene 9 ½ Stunden, wobei die letzten 120 Kilometer gute
Gravel- bzw. Teerstrasse sind. Eine Aussage über den übrigen Strassenzustand
erübrigt sich hiermit wohl…
Main Road oder auch
Schlammschlacht im Westen von Tanzania
Mitten durch statt
nur dabei!
Am Jakobson Beach erwartet uns ein idyllisches
Fleckchen Erde à la Cape MacLear am Malawisee. Eine wunderschöne kleine Bucht,
welche die Camper ganz für sich alleine haben, kristallklares Wasser mit Blick
auf den See und die riesigen dunklen Berge der Demokratischen Republik Kongo am
anderen Ufer. Wir treffen auf Christoph und Christiane mit ihren beiden
Kindern, die als Entwicklungshelfer für "Ärzte ohne Grenzen" bzw. das
Malteser-Hilfswerk jahrelang in der DRC gearbeitet haben und unglaublich
spannende Geschichten über das Land und seine Konflikte erzählen können. Von
ihnen erhalten wir viele tolle Tips für unsere Weiterreise nach Rwanda, Uganda
und Kenia und so revanchieren wir uns mit einem Abendessen, indem wir in Kigoma
Fisch organisieren, den wir diesmal selbst ausnehmen müssen (das ist dann Annes
Aufgabe :-) und auf dem Grill in Alufolie zubereiten. Unter anderem fällt uns
auf, dass in Kigoma viele gutausgestattete Autos verkehren, alle mit einem
Hilfswerkskleber auf der Seite, und eines schöner als das andere. Darauf angesprochen
erklärt uns Christoph die Welt der Hilfsorganisationen und deren nicht immer
ganz verständliche "Geldverteilungspolitik". Die ehrliche
Unterhaltung war echt interessant und gibt zum Denken Anlass, zumal wir die
"Geldver(sch)wendung" nun mit eigenen Augen gesehen haben.
Ein traumhaftes
Meer, einfach ohne Salzgeschmack
Eigentlich wollen wir von Kigoma aus die Schimpansen
im Gombe Stream Nationalpark besuchen, sind aber angesichts der tanzanianischen
"non resident-Preise" wieder einmal am Zweifeln, ob wir so viel Geld
investieren wollen. Den Park erreicht man nur mit dem Boot und der 7-stündige
Ausflug soll für uns beide 450 USD kosten. Wir hoffen noch andere interessierte
Reisende zu treffen, damit wir uns zumindest die Kosten für das Boot und den
Guide teilen können. Da die Reise noch andauert, gilt es das Budget so gut wie
möglich einzuhalten und die wirklich teuren Aktivitäten gezielt auszulesen. Ob
das Schimpansenerlebnis dazugehört, erfahrt Ihr im nächsten Blogeintrag;-).
Sie sind noch online ! Schön wieder von Euch zu hören und zu sehen das Eure Reise weiterhin so facettenreich ist.
AntwortenLöschenAAK
Hallo Ihr beiden,
AntwortenLöschenschön, dass es Euch immer noch so gut gefällt! Wie immer super Fotos und tolle Geschichten! Weiterhin viel Spaß, viel Erfolg bei der Jagd nach den Tse-Tse-Fliegen und bleibt vor allem gesund :)! Vielleicht sind die Schimpansen doch ihr Geld wert, das erlebt man ja nicht alle Tage? Bald mal wieder skypen?! Vermissen Euch!
Knutschis
ELC
Wie immer beim Lesen eurer Berichte, macht sich Fernweh breit;-)
AntwortenLöschenWir sind froh, dass es Euch gut geht!
En Gruass us Hermis
- Indiana Oli & Corinne Jane -
Wieder ein toller und ausführlicher Erlebnisbericht, die Hauptfahrtstrecke: echt lecker! Ich bin sehr froh und gerührt, dass ihr überall von den Einheimischen so herzlich empfangen werdet. Wir haben ja soeben geskypt, gibt also nichts Weiteres zu berichten. Sehnsuchtskuss von Momi
LöschenPhu, i bin nachem läsa vu dena Schtrapaza schu fix und fertig! Jetz verwili abiz unter dr Palma vum letschta Bildli und bin denn sicher parat, wenns wider witer goht! Grüassli Vanessa
AntwortenLöschenHallo Iahr zwai!
AntwortenLöschenLässigi Erlebnis, Kontaktbricht und au traumhafti Bilder! Es macht Spass, via Eurem Blog Euri Reis mitzverfolga :)
Gnüssends und glG,
Killi