Samstag, 19. Mai 2012

Urgewalt im Kongo und Naturerlebnisse Uganda


Unser Ausflug in die Demokratische Republik Kongo zum Nyiragongo Vulkan verlangt dann doch ein wenig Sitzfleisch, da wir auf das Kongo-Visum rund eine Woche warten müssen.
Dank unserer super Unterkunft in Gisenyi empfinden wir die Wartezeit aber als relativ kurzweilig. Dabei dürfen wir im Hotel miterleben, dass ein Strohdach für die Küche nicht gerade die ideale Einrichtung ist. Als wir gemütlich beim Kaffee sitzen, bildet sich plötzlich eine Traube aus Gästen im vorderen Teil des Hotels, es werden Fotos gemacht und wild diskutiert. Dies scheint uns suspekt und so wollen auch wir nachsehen, was da von statten geht. Ein Blick um die Ecke offenbart ein lichterloh brennendes Küchenhaus oberhalb des Speisesaals. Zum Glück haben es die Angestellten noch rechtzeitig geschafft, die Gasflaschen des Herdes in Sicherheit zu bringen, aber das ganze Gebäude ist ein einziges Flammenmeer. Es gibt im gesamten Hotel offensichtlich keine Feuerlöscher und so fangen die Angestellten, unterstützt von Fabio, verzweifelt an, mit Waschbottichen Wasser aus dem nahegelegenen See zu holen. Irgendwie kann dann doch ein Schlauch organisiert werden, den sie zunächst einfach unter den Wasserhahn in den Toiletten halten. Natürlich wird schnell festgestellt, dass der vorhandene Wasserdruck bei einem 20 Meter langen Schlauch bei weitem nicht ausreicht. Nach klugem Hinweis von Anne, dass sie den Schlauch direkt an die Wasserzuleitung zum Waschbecken oder zur Toilette anschliessen sollen, die durch einen Haupthahn gesichert ist, kann wenigstens genügend Wasserdruck aufgebaut werden, um Wasser bis zur brennenden Küche zu bekommen. Es dauert keine fünf Minuten, da fangen auch der Reetzaun und die nahestehenden Bäume an zu brennen, so dass ein Angestellter und Fabio kurzerhand beherzt gegen den Zaun springen und ihn einreissen, um ein Übergreifen auf das Haupthaus zu verhindern. Zwischenzeitlich sind auch andere Angestellte aus den umliegenden Hotels mit Feuerlöschern eingetroffen und so gelingt es nach einer Weile, das Feuer einzudämmen und dann vollständig zu löschen. Fast schon ein bisschen beschämt müssen wir feststellen, dass wir die einzigen Gäste sind, die beim Löschen beherzt mithelfen, alle anderen, unabhängig von der Hautfarbe, stehen nur da, gaffen und machen Fotos als Erinnerung. Glücklicherweise ist niemand ernsthaft verletzt, nur einer der Angestellten hat kleinere Brandwunden und eine Prellung von einem heruntergefallenen Balken. Nachdem das Hotel auf die Schnelle auch keinen Erste-Hilfe-Koffer finden kann (wir sind uns sicher, dass das Hotel in Zukunft beides haben wird, Feuerlöscher und Erste-Hilfe-Kasten :-), üben wir uns nach unseren Erfahrungen als Feuerwehrmänner noch in den ärztlichen Finessen des Wundversorgens, so dass der Ärmste anschliessend stolz seinen Kollegen den Mullverband an beiden Armen präsentieren kann. Spätestens nach diesem Zwischenfall gehören wir fast zum Inventar des Hotels. Die Angestellten bringen uns unsere Getränke automatisch, ohne dass wir bestellen müssen, wenn wir morgens zum Frühstück kommen, steht schon der Kaffee bereit und das Omelette wird auch gleich gebracht, so, wie wir es die ersten Tage bestellt haben.
So fällt es fast schwer, nach sieben Tagen in die DRC zum Nyiragongo aufzubrechen, aber wir dürfen unser Auto auf dem bewachten Parkplatz stehen lassen und können so auf dem Rückweg für den leckeren gegrillten Talapia nochmals im Hotel vorbeikommen.

                               Blick ins Palm Beach Resort (Speisesaal)

Der eigentlich bis dato ungeplante Ausflug zu einem der letzten ständig aktiven Vulkane der Welt wird eines der grössten Highlights unserer bisherigen Reise. Gemeinsam mit einem dänischen (Flachland :-) Pärchen werden wir von unserem Tour-Operator im Hotel abgeholt und zur Grenze gebracht. Beim Grenzübertritt zeigt sich eine weitere rechtliche Kuriosität Ruandas: Wir müssen aus dem Auto aussteigen und mit unseren Rucksäcken zu Fuss über die Grenze laufen. Neben dem Plastiktüten-Verbot gibt es in Ruanda ein Gesetz, dass nur der Fahrer im Auto den Grenzbaum passieren darf, ohne dass uns irgend jemand den Grund dafür angeben kann. Also dann, so laden wir halt unsere schweren Backpacks auf den Rücken und schieben uns mit hunderten anderen zu Fuss über die Grenze, um dann auf kongolesischer Seite die afrikanische Gemütlichkeit der Grenzbeamten zu spüren, die bisher eigentlich an allen Grenzübergängen moderat ausgefallen ist. Als wir endlich an der Reihe sind, dauert es geschlagene 30 Minuten, um den notwendigen Stempel in unsere 4 Pässe zu verteilen, dann können wir endlich aufbrechen.

Wir fahren durch die Stadt Goma, die am Fusse der Vulkane liegt, vorbei an unzähligen, riesigen Camps der UN und anderer Organisationen, mit eigenen Kampfverbänden, eigenem Flughafen und allen sonstigen Einrichtungen, die man für ein autonomes Leben benötigt. Insgesamt ist die UN-Präsenz im Nord-Kivu unglaublich hoch, es ist die derzeit grösste Afrikas, jedes zweite Auto gehört zu den Vereinten Nationen, viele der Peace Keeping Forces sind bewaffnet auf den Strassen unterwegs und zu unserem (kurzen) Erschrecken sehen wir hunderte Flüchtlinge entlang der Strasse wie auch später an der Grenze zurück nach Ruanda. Unser Guide erklärt uns, dass es seit einigen Tagen wieder Unruhen in den umliegenden Dörfern Gomas gebe, nachdem sich ein Teil der Truppen vom kongolesischen Militär abgespalten hat. Er versichert uns aber, dass die Besteigung des Nyiragongo für uns absolut ungefährlich sein soll.

                                            Noch guten Mutes, trocken und voller Energie

                                Blick auf einen benachbarten Vulkankrater

So üben wir uns in Vorfreude auf den Lavasee mit unserem Guide, Jonas und Katja und vier bewaffneten Rangern als Gipfelstürmer des vor uns liegenden 3500 Meter hohen Vulkans. Ehrlicherweise müssen wir gestehen, dass wir für unseren grossen Trekkingrucksack noch einen Träger organisieren, denn 1600 Höhenmeter auf 8 Kilometer Strecke (Durchschnittlich 20% Steigung) in ca. 5 Stunden sind kein Pappenstiel. Das merken wir bereits relativ zu Anfang unserer Tour, als es durch Regenwald über glitschigen Boden und durchs Unterholz geht. Der nachfolgende Marsch über loses Lavagestein, das unter jedem Tritt nachgibt und wegrollt, ist nicht minder anstrengend und so sind wir sichtlich froh, dass wir als geübte Schweizer Bergsteiger ;-) unsere Trekkingstöcke eingepackt haben, die beim Aufstieg ein bisschen Halt bieten. Unsere Reisebegleiter aus Dänemark leiden dagegen sehr. Für sie ist es offensichtlich der erste grössere Track, sie sind mit normalen Wanderschuhen, Jeans und ohne Stöcke unterwegs… Wie es meistens so kommt fängt es nach der Hälfte der Strecke auch noch an, in Strömen zu giessen und zu gewittern. Der Widerhall des Donners zwischen den Vulkanen ist gigantisch laut und irgendwie auch "bösartig" und lässt einen jedesmal zusammenzucken. Wir sind nach kurzer Zeit trotz Regenkleidung bis auf die Unterhosen durchnässt, weil das Wasser jede kleine Öffnung an den Ärmeln, der Kapuze oder über die Schuhe findet. Zudem ist es "schweinekalt" und man wird auch beim Laufen nicht mehr so richtig warm. Zu diesem Zeitpunkt haben wir das Gefühl, unsere Reisebegleitung könnte jederzeit aufgeben und so geben wir wenigstens unsere Wanderstöcke ab, damit Jonas und Katja noch bis zum Gipfel durchhalten. Die letzten Meter müssen wir dann fast über Lavagestein hochklettern. Zusätzlich riecht es stark nach Schwefel, so dass erste Erscheinungen von Kopfschmerzen auftreten, dafür lässt der Regen nach. Dann ist es soweit, der erste Blick über den Kraterrand entschädigt für alle Anstrengungen. Einfach nur genial. Nachdem sich der Nebel vom Regen und der Rauch des Vulkans noch mehr lüften, ist der Blick gänzlich frei auf den 800 Meter breiten Lavasee. Was für ein Anblick, was für eine Naturgewalt. Von unten zieht ein heisser Wind nach oben und man hört das Brodeln und Zischen der Lava. Immer wieder sind Lavaeruptionen zu sehen und die Nebelschwaden an den Kraterrändern ziehen in einer hohen Geschwindigkeit die Wände entlang, hinaus in den freien Himmel. Bei diesem Naturschauspiel und dem Durchmesser des Kraterrandes fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, dass der Vulkan einst einmal grösser gewesen sein muss. Wie uns unser Guide erklärt, ist der Nyiragongo ein Stratovulkan, der nicht in Form von Eruptionen aus dem Krater ausbricht, sondern bei dem sich die Lava im Inneren des Kraters sammelt, bis der Druck so gross ist, dass der Kraterrand an einer Stelle bricht und die Lava dann dort – relativ langsam – abfliesst. So konnten bei seinem letzten Ausbruch 2002 glücklicherweise fast alle Einwohner Gomas rechtzeitig evakuiert werden, bevor die halbe Stadt unter der Lava begraben wurde.

                                Urgewalt aus nächster Nähe

Wir schauen uns das Spektakel zunächst nur kurz an, erstes Gebot nach der Ankunft am Gipfel ist der Wechsel der nassen Klamotten. Wir haben in weiser Voraussicht genügend warme Kleidung dabei und als wir in unserer Hütte (ca. 10 Meter vom Kraterrand entfernt) auch noch einen Sack mit etwas Kohle finden, ist ein wärmendes Feuer schnell entfacht. Zum Erstaunen unserer Guides gibt es eine Schweizer Besonderheit auf dem Feuer: socks fumée :-). Wir hängen unsere nassen Socken über das Feuer und trocknen auch gleich noch die Einlegesohlen aus den Wanderschuhen, dazu eine Suppe und ein heisser Tee und wir können gut gewärmt dem Naturschauspiel des Vulkans bis tief in die Nacht weiter frönen.

                                Socks Fumée

                                                 Ohne Worte

 
                               Lavaexplosion


                                Aussergewöhnlicher Lohn für die Gipfelstürmer

Unsere dänischen Reisebegleiter folgen unserem Bespiel – trotz wohlgemeintem Ratschlag – leider nicht und sitzen fast zwei Stunden in ihren nassen Kleidern am Kraterrand, wohl in der Angst, sie könnten das Foto schlechthin verpassen. Trotz warmem Tee und Suppe hat Katja dann auch leichte Unterkühlungserscheinungen und angesichts der dünnen Sommerschlafsäcke, welche die beiden dabei haben, muss die Nacht wohl eine echte Qual gewesen sein. Auch wir finden es am Abend in unserer Hütte trotz unserer guten Schlafsäcke ziemlich kalt und so behelfen wir uns in Pfadfindermanier und dank unseres Gaskochers mit selbstgebastelten Wärmflaschen: Das mitgebrachte Wasser in den PET-Flaschen einfach erwärmen und ab damit in den Schlafsack… wohlig warm bis zum nächsten Morgen :-)! Trotzdem schlafen wir nicht wirklich viel und das Aufstehen noch im Dunkeln fällt fast schwer, als wir uns wieder für den Abstieg rüsten müssen. Nachdem wir Essen für eine halbe Armee eingepackt haben, können wir, wie auch schon auf dem Weg nach oben, sowohl die Ranger als auch die Träger verköstigen und diese sind ob der diversen Kekse, belegten Brote und Schokoriegel sichtlich begeistert und engagiert, uns möglichst viel zu zeigen und zu erklären. Der Abstieg geht ganz schön auf unsere Knie und die rutschigen Lavasteine sind eine noch grössere Herausforderung als beim Aufstieg. Guter Halt will gelernt sein und so hat zumindest Anne als Erinnerung an die Wanderung zwei schöne blaue Flecken …:-).
Fast ein bisschen demotivierend finden wir es dann doch, als uns auf unserem Weg nach unten eine nächste Reisegruppe entgegenkommt, deren Träger munter mit ca. 15 Kilogramm Ausrüstung auf dem Kopf und Flip Flops den Berg "hinaufschlappen"!

In Goma hängen wir dann noch eine Stadtrundfahrt und einen Besuch des Vulkanologischen Instituts dran, in dem uns die Erforschung der Vulkane des Virunga-Gebietes und ihre Überwachung sehr enthusiastisch erklärt werden. Die erkalteten Lavamassen in Goma sind beeindruckend und die Stadtviertel, die 2002 am schlimmsten getroffen wurden, haben bis heute kein fliessend Wasser und keinen Strom. Von der ehemals guten Teerstrasse ist nichts mehr zu sehen, nachdem die Lavamasse auf ihrem Weg zum See alles zerstört hat. Auf dem harten und schwefelhaltigen Lavagestein ist keine Landwirtschaft möglich und so gleicht Goma, abgesehen von den Vierteln der Reichen, insbesondere im nördlichen Teil einer – ziemlich dreckigen – Barackensiedlung. In der Stadt sind Hunderte von Menschen mit "Chukudus" zu sehen, improvisierte, massive Holzroller, die die einheimischen Bauern zum Transport ihrer Ernten von den umliegenden Vulkanen und Bergen ins Tal von Goma nutzen, die sie dann aber bergauf, da nicht ganz leicht, mühsam zurückschieben müssen.

                                Goma mit traditionellem Chukudu

Nachdem sich bereits am Nachmittag der Muskelkater ankündigt, sind wir froh, als wir endlich wieder im Hotel eintreffen und uns einfach nur noch mit einem guten Abendessen verwöhnen lassen können. Bei unserer Rückkehr stehen Cocky und Wietze, unsere niederländischen Reisegefährten und Lilli und Steffen, die beiden Weltenbummler aus Deutschland unerwartet vor unserer Tür und so ist das grosse "Hallo" perfekt. Sie quartieren sich in der Inzu-Lodge gleich neben unserem Hotel ein und wir können nochmals die Reiseerfahrungen der letzten Monate und Tipps austauschen, bevor wir nach nunmehr 9 Tagen im Palm Garden Resort endlich Richtung Uganda aufbrechen. Die Belegschaft des Hotels will uns kaum ziehen lassen und steht Spalier, als wir uns verabschieden. Wir müssen versprechen, wiederzukommen und nehmen eine der schönsten Reiseerfahrungen der letzten Wochen mit.

Auf geht’s nach Uganda, ein sehr ursprüngliches Land, das mit etlichen politischen Eskapaden in der Vergangenheit nicht unbedingt nur positiv auf sich aufmerksam gemacht hat. Der erste Eindruck ist jedoch wie so oft wichtig und rasch entwickeln wir, abgesehen von den vorhandenen Schlaglöchern, eine grosse Sympathie für das Land. Als ersten Halt wählen wir ein unter Overlandern bekanntes Camp am Lake Bunyonyi aus, wo wir auch gleich auf die Engländer Jo und Richard und zwei verrückte Südafrikaner treffen, Dorette und Guillaume, die mit ihrem alten 150'er Motorrad von Johannesburg bis nach Ägypten unterwegs sind. Dabei besitzt Guillaume nur gerade eine Jeanshose und wir fragen uns, wie er denn das so mit dem Waschen anstellt…?

Auf dem Weg zum Lake Bunyonyi sehen wir für Manis Gegenüber fast schon die Engelchen singen. Nur mit Mühe und Not sind wir an unserem ersten Beinahe-Unfall in Afrika vorbeigeschrammt. Wir haben ja gehört, dass der Fahrstil in Uganda eher in die "Nascar-Rennen" als auf die normale Strasse gehört, aber dieser Überzeugungsversuch eines ugandischen Taxifahrers hätte wirklich nicht sein müssen. Als wir in den unzähligen Serpentinenstrassen durch die Hügellandschaft Ugandas gemütlich dahintuckern, kommt uns ein Auto mit mindestens 80 Sachen in einer langgezogenen Kurve entgegen. Da das Auto auf unserer Strassenseite unterwegs ist, sind wir kurz am Zweifeln, ob wir – nach ausnahmsweise Rechtsverkehr in Ruanda – auf der richtigen Strassenseite fahren. Dies ist der Fall und nachdem der entgegenkommende Fahrer keine Anstalten macht, die Seite zu wechseln beziehungsweise auf die drohende Kollision zu reagieren, macht Fabio unter wildem Hupen eine kurze Ausweichbewegung Richtung rechter Fahrbahn und sofort wieder zurück auf unsere Seite, als der entgegenkommende Fahrer endlich das Steuer herumreisst und mit einem Affenzahn an uns vorbeischiesst. Wir sehen den Fahrer bereits im Strassengraben, doch plötzlich macht es "Klong" und das Auto bleibt auf dem Rasenstreifen, etwa einen halben Meter von der Böschung entfernt stehen. Das Strassenschild, das glücklicherweise die Fahrt aus dem Taxi genommen hat, ist einfach umgeknickt und hat so Schlimmeres verhindert. Aus dem Auto steigen unglaubliche 9 erwachsene Personen aus. Wir halten natürlich sofort an und fragen, ob alles in Ordnung ist und sind recht verdutzt, als kein einziger der Fahrgäste unsere Frage beantwortet, geschweige denn uns eines Blickes würdigt. Alle laufen zügig und wortlos, die Augen auf den Boden gerichtet ums Auto herum, steigen schnurstracks wieder ein und wollen weiterfahren. Natürlich springt dabei der Wagen nicht mehr an und so steigen alle wieder aus, der Fahrer schlägt zweimal auf die Motorhaube, steigt wieder ein und siehe da, der Motor springt an. Die Fahrgäste joggen dem fahrenden Auto hinterher und steigen nach 20 Metern wieder ein. Mit einem Affenzahn wird angefahren, die Reifen quietschen erneut und weg sind sie…! Wir stehen also immer noch am Strassenrand, fragen uns, was jetzt gerade passiert ist und ob dies auch so abgelaufen wäre, wenn wir die Schuld für den Unfall trügen… Es soll nicht die letzte Begegnung mit dem verrückten Fahrstil von ugandischen Fahrern gewesen sein. Auch die Busfahrer der Überlandbusse sind nicht vernünftiger. Wir sehen diverse Male entgegenkommende Fahrzeuge, die ins Kiesbett ausweichen müssen, weil die Busfahrer mit Vorliebe am Berg und in der Kurve grössere Wagenkolonnen überholen, um dann bei nächster Gelegenheit ohnehin wieder anzuhalten und Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen. Das bedeutet natürlich, dass man auf einer Hauptstrecke von vielleicht 100 Kilometern mindestens 10 Mal auf gefährlichste Weise vom selben Fahrzeug überholt wird. Wenn dann noch Schriftzüge wie "God bless you" oder "pray for life" auf der Rückseite der Buses kleben, na ja, mit ein bisschen Humor…

                                            Weicherer "Autostopper" als unsere Bullbar

Angekommen am Lake Bunyonyi und als Entschädigung gönnen wir uns am Abend zusammen mit Jo und Richard und den beiden Motorradfreaks ein echtes Gala-Dîner im Bird's Nest nahe unseres Camps. Der Service ist aussergewöhnlich und mindestens so gut wie der beste europäische Standard, das Filet-Steak zergeht förmlich auf der Zunge und spätestens nach der zweiten Flasche Wein haben wir unseren Schreck vom Vormittag beinahe verdaut. Ein echter Genuss, nachdem wir in Ostafrika lange kein so gutes Stück Fleisch mehr bekommen haben…

                                Jetzt sind wir wieder auf der Nordhalbkugel

Nach zwei erholsamen Tagen am See stürzen wir uns dann in das Getümmel und Chaos von Kampala, das wirklich alles übertrifft, was wir bisher an afrikanischen Grossstädten gesehen haben. Vorher, auf dem Weg dorthin überqueren wir erstmals mit dem Auto den Äquator und fühlen uns dadurch schon fast wieder heimisch :-). Angekommen in Kampala herrscht gerade Rush-Hour und so kostet es uns fast zwei Stunden, um von der einen Seite der Stadt zur anderen zu kommen. Die Massen an Menschen auf den Strassen sind nur schwer vorstellbar, dazwischen tausende von "Boda-Bodas" (Moped- und Fahrrad-Taxis) und Autos, die keinerlei Verkehrsregeln beachten und einfach fahren, dazu riesige, bis zu einem Meter tiefe Schlaglöcher quer über die Strasse…Wie durch ein Wunder kommen wir ohne Schramme im Red Chilli's Backpacker an und wollen dort unsere "Jungs" Hannes und Patrick überraschen, die auch in Kampala eingetroffen sind. Man sollte vorher aber vielleicht kommunizieren, dann hätten wir festgestellt, dass sie sich im Backpacker am anderen Ende der Stadt befinden…Nun denn, das Wiedersehen wird also vorläufig vertagt und wir nutzen die Zeit, die Stadt zu Fuss und mit dem Matatu (Bus-Taxi) zu erkunden. Das Auto wird vorerst nicht mehr vom Fleck bewegt und bleibt im sicheren Backpacker!

Kampala ist ein riesiges Einkaufsmekka, in den hunderten Strassenzügen mit kleinen Geschäften und einigen grossen Shopping-Malls kann man sich glatt verlaufen. Und es zeigt sich, dass die Afrikaner wider Erwarten doch manchmal der Entwicklung voraus sind: Nachdem unserem alten Handy die Höhenluft und die Feuchtigkeit auf dem Nyiragongo nicht wirklich gut bekommen sind, erstehen wir das i-phone 5, noch bevor es offiziell auf dem Markt ist ;-). Es funktioniert und sieht man mal davon ab, dass das Menü nur in Englisch, Thai oder Arabisch verfügbar ist, könnte man es fast für ein Original halten. Wir besuchen ausserdem das historische Museum Ugandas. Man erfährt detailliert etwas über die Entwicklungsgeschichte Ugandas, traditionelle Riten und Bräuche und den wirtschaftlichen Fortschritt. Leider wird das Ausstellen der interessanten und facettenreichen politische Geschichte Ugandas gemäss einer Museumsangestellten durch die Regierung bis heute untersagt.

                               Und welches ist nun unser Matatu?

                               Kampala, die Stadt der Boda-Bodas, Matatus und
                               abertausender Menschen auf den Strassen

                                Tiertransport à la Afrika – Arme Tiere!

Nach zwei Tagen treffen dann auch Patrick und Hannes im Red Chillis ein und wir können unser Wiedersehen zur Abwechslung einmal mit Raclette anstelle des Käse-Fondues zelebrieren, für das wir den Käse und das leckere Trockenfleisch aus Rwanda aufgehoben haben. Die beiden fahren dann Richtung Westen weiter, zu den Gorillas und nach unseren begeisterten Erzählungen auch zum Nyiragongo, während wir Richtung Norden zum Ziwa Rhino Sanctuary steuern. Dort erwartet uns seit langem einmal wieder ein richtig schöner Campingplatz und man kann mit den 12 Rhinos des Parks bei einem Buschwalk auf Tuchfühlung gehen. Wir haben zwar schon Rhinos aus nächster Nähe im Krüger Nationalpark gesehen, aber zu Fuss ist es nochmal ein ganz anderes Gefühl! Da es sich bei den Urzeittieren um Breitmaulnashörner handelt, die bei weitem nicht so aggressiv sind wie ihre Verwandten, die Spitzmaulnashörner, ist ein solches Erlebnis gut machbar. Die sanften Riesen sind ein bevorzugtes Ziel von Wilderei (in Asien werden mehrere hunderttausend Euro für ein Rhino-Horn bezahlt) und so erhalten die Tiere im – immerhin privaten – Sanctuary ein 24 Stunden Monitoring. Das bedeutet, sie werden physisch rund um die Uhr von bewaffneten Rangern bewacht. Wir finden diesen Einsatz für den Tierschutz beachtlich und bezahlen deshalb gerne die geforderte Fee, da dieses Geld auch 1:1 für den Schutz dieser Tiere verwendet wird.

                                Lieber etwas Abstand halten
                                Schlammbad gefällig?

Nach dem Rhino-Erlebnis fahren wir nach Entebbe weiter, weil wir von dort aus die Schimpansen im Ngamba Island Chimpanzees Sanctuary besuchen wollen. Neben einem Beiwohnen der täglichen Fütterung von einer Beobachtungsplattform aus kann man dort eigentlich auch an einem Forrestwalk teilnehmen und mit den Kleinsten der 48 Schimpansen spielen und laufen. Im Sanctuary achten sie aber strikt auf die Gesundheit ihrer Schimpansen und so benötigt man eine ganze Reihe von Impfungen und Nachweisen, um überhaupt in die Nähe der Affen zu kommen. Von den etlichen Impfungen fehlt uns lediglich der Tuberkolose-Test, den wir im Labor in Entebbe nachholen könnten. Der zuständige Veterinär stört sich allerdings daran, dass in unseren Impfausweisen die Impfungen aus Kindertagen wie Masern und Röteln nicht mehr eingetragen sind und so bleibt es für uns trotz unserer Überredungsversuche bei einem Halbtagesausflug zu den nächsten Verwandten des Menschen. Aber auch der ist sehr eindrücklich. Bereits die Bootsfahrt zur Insel mit einem Speed-Boot verlangt uns und unseren Magen einiges ab, der Kapitän hat offensichtlich einen Heidenspass, mit uns über jede noch so erdenklich hohe Welle zu "bouncen". Aber, auch die Alpinisten unter uns sind echte Seefahrer :-) und Anne ist sowieso in ihrem Element.
Von den Schimpansen trennt uns dann leider ein 3 Meter hoher elektrischer Zaun, aber trotzdem bekommt man während der Fütterung einen sehr guten Eindruck vom Sozialleben der Schimpansen und ihrer Geschicklichkeit. Sie sind beispielsweise ohne Weiteres in der Lage, Nüsse aus einem Rohr, das zu tief ist, um mit den Fingern hineinzugreifen und das so befestigt ist, dass die Affen es weder drehen noch schütteln können, herauszuholen. Für einen Stock sind die Nüsse zu rutschig, also füllen sie, ohne dass es ihnen jemals jemand gezeigt hätte, Wasser aus einem bereitstehenden Bottich mit einer Tasse in das Rohr, bis die Nüsse oben schwimmen…Chapeau.

                                Besuch der Verwandtschaft (Übereinstimmung = 98,7%,
                                 machmal auch 100%) in Entebbe ;-)


                                Zum Glück hatten wir nur ein kleines Frühstück

Nach soviel tierischen Eindrücken und dem Chaos in Kampala geniessen wir nun die Gastfreundlichkeit der Ugander in Jinja an der Quelle des Nils (eine von vielen), mit Blick auf den hier immerhin schon etwa 500 Meter breiten Fluss und einige Stromschnellen, Seeschreiadler und die um diese Jahreszeit eher seltenen Touristen :-).

    
                             Nil 15 km vom Lake Viktoria

Wir visieren nun bereits Kenia an. Als erste grössere Station haben wir Nairobi ausgewählt. Wir sind gespannt, ob die Stadt ihrem Ruf als moderne fast europäische City gerecht wird. Die Regenzeit neigt sich dem Ende zu und wir freuen uns, wieder etwas heissere Gegenden erkunden zu können.

4 Kommentare:

  1. War wieder faszinierend, euren blog zu lesen und die tollen Fotos zu bestaunen, das ergänzt auf`s Vortrefflichste unsere Skype-Stunden :o)!! Fabio sieht ja ordentlich wild mit seinem Vollbart aus. Fein, dass ihr immer sehr gut auf eure Abenteuer wie z. B. die Vulkaneroberung vorbereitet seid. Warte nun sehnsüchtig auf das nächste Skype- oder SMS-Lebenszeichen aus Kenia. Wie immer mit dickem Kuss, Momi

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  2. hey ihr beiden,

    faszinierende bilder und wahnsinns eindrücke!! immer wieder spannend eure seite zu besuchen. passt weiterhin gut auf euch auf.... viele grüsse von eurem ehemaligen arbeitskollegen hannes

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    1. Hallo Anne, Hallo Fabio, heute komme ich endlich dazu, Euch ein paar Zeilen zu schreiben. Durch meinen Umzug (einfach nur um die Ecke!) kam ich zu nichts. Erst heute habe ich Eure beiden letzten Berichte gelesen und war bzw. bin noch immer total begeistert, an Euren Erlebnisse teilzuhaben. E-Speedy-Maus nimmt großen Anteil daran und hofft nun sehr, daß bald alle Handwerker aus dem Haus sind. Dann mache ich drei Kreuze. Ich denke sehr oft an Euch und bewundere Euren Mut und die nonchalant, mit der ihr alles meistert. Bleibt schön gesund bis bald. Speedy.

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  3. Bald seid ihr wieder auf dem weg nach Hause - reich an Erfahrungen und wunderbaren Eindrücken die Ihr mit uns geteilt habt. Vielen Dank für all die tollen Fotos und die Zeit die Ihr Euch genommen habt um uns immer auf dem aktuellsten Stand zu halten. Das Bier und Abendessen bei uns warten bereits.....

    AAK

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